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Jan Hellstern

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Mach’s Dir (un)bequem!

Das Leben ist ein steiniges Bett.

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Lehn Dich zurück und stell dir vor, wie es wäre, wenn »alles gut« wäre. Wenn Du endlich den großen Traum erfüllt hättest, auf den Du so lange hingearbeitet hast. Wenn Du endlich dieses Stadium erreicht hättest, in dem es Dir an nichts mehr fehlen würde und es nichts mehr zu wünschen gäbe.

Endlich ist das Leben so richtig bequem. Du hast genug Geld, um von einem Urlaub in den nächsten zu düsen. Du kannst Dir kaufen, was Du willst. Deine Kinder sind selbstständig und Du bist immer noch jung und fit genug, um Dir keine Sorgen über Deine Gesundheit machen zu müssen. Und jetzt?

Viel Spaß beim Schreiben des nächsten Buches!

Kae Tempest singt in »Hold your own«

Nothing you can buy will ever make you more whole

This whole thing thrives on us feeling always incomplete

And it is why we will search for happiness in whatever thing it is we crave in a moment

And it is why we can never really find it there

It is why you will sit there with the lover that you fought for

In the car you sweated years to buy

Wearing the ring you dreamed of all your life

And some part of you will still be unsure that this is what you really want

Stop craving

Hold your own

Holding your own bedeutet, ja zu sagen zu deinem täglichen Scheiß. Zu Deinen Problemen, deinen Sorgen und Nöten und zu deinen Ängsten. Zu deiner ganz persönlichen Last.

All das nicht von Dir zu schieben oder mit Geld zu betäuben, sondern es Dir anzusehen, es zu verstehen, damit umzugehen und es zu überwinden, um daran zu wachsen.

Was ist eine Heldenreise anderes als eine Geschichte über einen Menschen in Schwierigkeiten? Jemanden, der sich seinen Herausforderungen stellt und sie überwindet? Und warum lieben wir diese Geschichten? Weil wir uns als ein Teil davon fühlen können, wenn wir sie hören. Weil jedes Leben von jedem Menschen auf dieser Erde eine Heldenreise ist. Weil für jeden von uns sein Päckchen insgeheim das Schwerste ist. Wir lernen aus Fehlern. Nicht aus Erfolgen.

Für uns Schriftsteller ist es kein Geheimnis, dass unsere besten Texte oft in Phasen des Leids entstehen. Für uns ist es eine elementare Sache, unsere eigenen Schwierigkeiten anzunehmen und darüber zu schreiben. Wenn wir ein bequemes Leben hätten, wären unsere Texte flach und aufgesetzt. Unglaubwürdig. Die Leser würden die Probleme unserer Figuren nicht glauben und auch nicht nachvollziehen können.

Wir müssen dahin, wo es weh tut. Dorthin, wo viele andere – ihr eigenes Leben betreffend - nicht so gerne hingehen. Worüber sie lieber in einer Geschichte lesen, als in ihrem eigenen Misthaufen nachzusehen. In einer Geschichte kann man mitfühlen, anstatt selbst fühlen zu müssen. Oder man endlich aufatmen und sagen: Genau! So geht es mir auch! Ich bin nicht allein in diesem Scheiß!

Gerade dieser Satz: Ich bin nicht allein in diesem Scheiß – andere fühlen das auch! war etwas, das ich mir während meiner Scheidung vor einigen Jahren sehr gewünscht hätte. Jemand, der mir erzählt hätte, dass er genau das Gleiche erlebt hat.

Nun. Heute bin ich es, der diese Dinge erzählt und anderen diese Möglichkeit bietet. Denn es ist an uns Schriftstellern solche Texte zu liefern. Vorzufühlen. Uns die Dinge ganz genau ansehen. Auch und gerade unsere Eigenen. Wir müssen unseren Scheiß sezieren und mit einem schonungslosen Blick offenlegen. Erst dann ist es echt. Erst dann hat es wirklich Wert. Für uns ebenso, wie für andere.

Aus diesem Grund ist es wichtig, eine Schreibroutine zu entwickeln, die jenseits unserer Geschichten und zu den veröffentlichenden Texten liegt. Seiten, auf denen wir einfach nur über das schreiben, was uns tief in uns drin bewegt. Ohne die Absicht, es zu veröffentlichen. Zumindest vorerst.

Das mögen die berühmten Morningpages sein. Oder ein Tagebuch. Oder eine detaillierte Selbstbetrachtung zu einem für uns belastenden Thema. Hauptsache, es ist ein Blick in den Spiegel. Ehrlich und unverstellt.

Und dieser Blick ist - naturgemäß – eher selten so richtig bequem. Tatsächlich lässt sich wohl sagen: je ehrlicher, desto unbequemer.

Tuesday 06.03.25
Posted by Jan Hellstern
 

... AND WHAT ABOUT ME?

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»Das, was ich wirklich will, kriege ich eigentlich nie.« Diese Aussage höre ich relativ oft, wenn ich mit jungen SchauspielerInnen in meinen about me - Workshops über das Thema Casting spreche. Wir drehen dort gemeinsam kleine, ehrliche Videos über sie selbst. Das ist vor allem für die diejenigen wichtig, deren Rollenportfolio noch nicht sehr aussagekräftig ist.

»Die Caster auf der anderen Seite des Tisches sind wegen Euch da. Sie wollen Euch finden!« Ein Casting ist grundsätzlich eine positive Situation. Das ist für viele meiner Studenten eine ungewohnte Sichtweise. Und obwohl sie absolut stimmt, gehen die meisten eher mit gemischten Gefühlen hin. Immerhin kann es letztlich unter den Duzenden von KandidatInnen nur eine Besetzung für die Rolle geben.

Wahrscheinlich bin ich zu dick, zu alt, zu groß, zu klein, zu laut, zu leise, zu schlicht. Ja, wahrscheinlich bin einfach nicht gut genug für diese Rolle.

Es sind Gedanken wie diese, die sich wie lähmende Ängste einschleichen. Stimmen, die kurz vor Deinem Auftritt in Dein Ohr flüstern: Schau Dir die anderen doch an! Da kann es doch nur ein Fehler sein, dass sie dich auch eingeladen haben!

Und omnipräsenter denn je steht all der Angst in diesem Moment der große Traum - das alles entscheidende JA! - gegenüber.

Die Bilder des »Was wäre, wenn ...« kommen ganz automatisch. Das Proben, das Spielen, der Erfolg, der Filmpreis - der alles verändernde nächste Schritt der Karriere. Schließlich musste man sich ja für das Casting auf die Rolle vorbereiten. Schon mal dran schnuppern, am großen Traum.

Zurückgewiesen werden GEHÖRT DAZU

Situationen wie diese betreffen nicht nur SchauspielerInnen. Letztendlich kennen wir das alle. Wir SchriftstellerInnen ebenso, wie wir MalerInnen, wir FotografInnen oder wir MusikerInnen. Wir alle brauchen immer wieder aufs Neue den Mut, uns sichtbar zu machen. Mit unserer Interpretation, unserer Kunst und all unserem Herzblut nach vorne zu treten, uns zu zeigen und dort alles zu geben.

Unser größter Gegner dabei ist die Angst. Denn die Angst gaukelt uns Visionen einer negativen Zukunft vor. Sie verhindert, dass wir im Flow bleiben und uns auf unser Talent, unsere Gabe konzentrieren. Sie setzt uns unter Druck.

In vielen Fällen macht Angst aus der Möglichkeit eine Gefahr. Sie erzeugt Rückzug, Aggression und Hemmungen. Sie erzeugt Kontrolle. Den Wunsch, die Dinge im Griff zu haben. Und genau das führt letztlich dazu, dass wir aus der Rolle fallen. Fehler machen, nicht im Moment sind und die Dinge mit dem falschen Mindset angehen. Die eigentlichen Auslöser dieser Angst liegen oft sehr weit zurück.

Stephen Kings Definition von F.E.A.R. (False Evidence Appearing Real) mahnt uns genau davor: uns nicht unseren alten, längst nicht mehr gültigen Verletzungen zu ergeben, sondern unsere inneren Unsicherheiten zu bekämpfen, um letztlich an ihnen zu wachsen.

Der Schweizer Rolf Döbeli fragt: Was wäre das Allerschlimmste, das passieren könnte? Stell es Dir ganz genau vor! Gehe bis ins kleinste Detail. Und Du wirst sehen, je konkreter du die Konsequenzen vor dir siehst, desto mehr entzaubern sie sich und verlieren ihren Schrecken, ihre Allmacht.

FUTURE IS BASED ON TRUST

Vertrauen ist – aus meiner Sicht - der erfolgreichste Weg, uns gegen die Angst zu wappnen. Vertrauen in uns. In unsere Fähigkeiten. In unseren Weg und unsere Zukunft. Darin, dass wir besonders sind. Darin, dass wir geliebt werden. Dass man uns will. Bedingungslos. Ohne ein solches Vertrauen verlieren wir die Grundlage zur inneren Ruhe.

Vertrauen ist etwas, das man lernen kann. Man muss sich darauf einlassen. Dazu gehört auch das Loslassen von den falschen Träumen. Dazu gehört, nicht nur auf der Bühne, sondern auch in unserem Lebensentwurf, Verletzlichkeit zu riskieren.

Sobald wir den Mut aufbringen und vertrauen, werden wir merken, dass Verletzlichkeit immer Wachstum bedeutet. Mit meinen jungen SchauspielerInnen mache ich oft eine Werteimagination zum Thema Mut.

Frei nach Uwe Böschemeyer, einem Meisterschüler Viktor Frankls, begegnen sie in einer Art geführten Meditation ihrem mutigen Selbst. Fühlen diesem inneren Anteil ihres Selbst nach und lernen sich auf eine erfrischend neue Art zu spüren.

Die Erkenntnis daraus ist simpel: Wir alles haben, was nötig ist, um aus unserer Komfortzone herauszutreten. Es ist Teil der Grundausstattung. Und der Einsatz lohnt sich immer. Der Lohn wird vom Leben direkt ausbezahlt. In Form von Wertschätzung, Anerkennung, gesteigertem Selbstwertgefühl und vor allem in Form von Liebe.

Und mit dieser Liebe im Rücken können wir uns zurücklehnen und locker über die paar Dinge, die nicht klappen - vielleicht weil wir sie ein bisschen zu sehr gewollt haben - schmunzeln und zu uns sagen:

IF IT DOES NOT OPEN, IT IS NOT YOUR DOOR

Monday 05.26.25
Posted by Jan Hellstern
 

WO BEGINNT DAS BÖSE? - Teil 2

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„Warum heißt es im vierten Gebot nicht auch: Du sollst deine Kinder ehren?“ Diese Frage stellte der damals 19-jährigen Kindermörder Jürgen Bartsch sowohl vor Gericht, als auch während des Interviews zu dem über ihn gedrehten Dokumentarfilm von Rolf Schübel oder dem zu seinem Fall veröffentlichten Buch von Paul Moore. Bartsch war bei seiner ersten Tat 15 Jahre alt.

In den Jahren 1961 bis 1965 hatte der junge Metzgergeselle vier Jungen in eine Höhle bei Wuppertal verschleppt und dort gequält und ermordet. Verbrechen, die seinerzeit unzählige Menschen in ihren Bann zogen. Dass der Fall zu einem Jahrhundertprozess ausufern sollte, war jedoch noch lange nicht klar, als die Presse ihn zunächst einhellig als die grausamste Bestie der deutschen Geschichte bezeichnete. Gleich nach Hitler setzte ihn eine große deutsche Boulevardzeitung auf Platz zwei der schlimmsten Mörder überhaupt.

Erst allmählich entblätterte sich durch die beiden Gerichtsprozesse 1967 und 1969 das Wesen eines jungen Mannes, der selbst von seinem einstigen Jäger, dem damaligen Hauptkommissar und den Leiter der SOKO Jürgen Bartsch, als außerordentlich tragische Figur beschrieben wurde.

In eines der schwersten Nachkriegsjahre 1946 hineingeboren, wird Bartsch von seiner Mutter auf der Entbindungsstation des Krankenhauses zurückgelassen und wächst zunächst für ein Jahr unter den Schwestern der Station auf. Einen Steinwurf entfernt wünscht sich das kinderlose Ehepaar Bartsch nichts mehr als Nachwuchs. Schließlich hat man eine gut gehende Metzgerei und keinen Erben.

Die Sehnsucht nach einem Kind kollidiert im Hause Bartsch allerdings rasch mit der Bereitschaft, sich um den Jungen auch angemessen zu kümmern. Jürgen wächst in Angst auf. Seine hysterisch saubere Mutter zerschlägt Kleiderbügel auf ihm, wenn er im Weg ist oder aus Versehen ein frisch geputztes Zimmer betritt.

„Wenn er doch auch mal so spielen könnte, wie die anderen Kinder ...“, spricht er von sich in der dritten Person zu den Nachbarn. Doch sich schmutzig zu machen kommt für Jürgen nicht in Frage. So darf er auch nicht mit anderen Kindern spielen, sondern sitzt allein in seinem Kellerzimmer und singt zu den Schlagern von Freddy Quinn.

Als solches Kind wird er in der Schule schnell zum Außenseiter. Regelmäßig passen ihn die anderen auf dem Heimweg ab und verprügeln ihn. Bald stielt er Geld aus der Kasse seiner Eltern, um ältere Jungen für seinen Schutz zu bezahlen. In seiner Fantasie malt er sich aus, wie es wäre, sich zu wehren. Zuhause schreibt er mit großen Buchstaben die Wörter „DER RÄCHER“ an die Wand.

In seinem Zimmer stapeln sich Brettspiele und Quartetts, doch Jürgen hat niemanden, der mit ihm spielt. Als die Situation für Eltern und Kind gleichermaßen unerträglich wird, kommt Jürgen ins Heim. Endlich ein Ort, an dem er Anschluss findet und sogar schmutzig aus dem Wald zurückkommen darf. Doch das Glück ist von kurzer Dauer. Der Mutter ist es nicht sauber genug. Dem Vater der Umgang zu lax.

Man reicht ihn weiter nach Marienhausen ins Knabeninternat der Salesianer Don Boscos. Dort herrschen Angst und Silentium. Und Pater Pütz. Wer spricht, wird geprügelt. Wer seine Schuhe nicht auf Hochglanz poliert, wird geprügelt. Nur manche Kinder haben es besser, wenn sie bei Pütz eine Privatbeichte ablegen und dabei mit ihm schmusen, sagen Ehemalige später aus.

Auch Freundschaften unter den Jungen sind verboten. Wer Ringe unter den Augen oder feuchte Hände hat, gilt als homosexuell. Wer seinen Gelüsten nachgibt, wenn sich bei ihm „das Blut staut“, riskiert den Rausschmiss. Trotzdem findet Jürgen dort zum ersten Mal einen echten Kameraden. Doch bald schon lassen Eifersucht und Verlustangst die Freundschaft zur Obsession werden.

Als er krank wird, muss er bei Pater Pütz im Zimmer schlafen. Tagsüber bekommt er dessen Radio und darf im Bett bleiben. Nachts muss er sich dafür neben den Pater legen und anfassen lassen. So zumindest schildert er diese Zeit in seinen Vernehmungen. Zu beweisen ist davon nichts. Zweimal haut er aus Marienhausen ab.

Beim zweiten Mal ist sein Freund Detlef dabei. Als sie an den Gleisen entlang fliehen, folgt er einem Impuls und versucht, ihn unter den Zug zu stoßen. Es misslingt und Jürgen erklärt, dass er nur gestolpert sei. Tatsächlich erschrickt er selbst maßlos über seine Tat und Absicht.

Wenige Monate später beginnt er eine Lehre in der elterlichen Metzgerei. Abends streunt er durch die Gegend und entdeckt im nahe gelegenen Wald einen verfallenen Bunker, wo er sich eine geheime Zufluchtsstätte einrichtet.

Im Laufe der nächsten Jahre lockt er zwei Jungen dort hinein und zieht sie unter Anwendung von Gewalt aus. Nachdem er eine Weile an ihren nackten Körpern herumgespielt hat, lässt er sie wieder laufen.

Wenn der Lehrling Jürgen die Metzgerei nicht ordentlich genug putzt, wirft seine Mutter mit Messern nach ihm. Abends badet sie den Vierzehnjährigen dann voller Reumut. So, wie sie es schon immer getan hat. Dieses Ritual hält sich beinahe bis zum Schluss.

In den kommenden Monaten verstärken sich Jürgens Fantasien, Jungen zu entführen und in seiner Höhle zu foltern. Und erstmals spürt er insgeheim, dass es auf lange Sicht nicht bei Fantasien bleiben wird. 1961 – Jürgen ist jetzt 15 – setzt er sie zum ersten Mal in die Tat um.

Der Schock über das eigene Verbrechen löst ein tiefes Verlangen in ihm aus, von seinem Drang loszukommen. Er bereut und bittet Gott inständig, in von seinen Fantasien zu erlösen. Für zweieinhalb Jahre kann er sich im Zaum halten. Er studiert seinen Trieb. Und kontrolliert ihn. Trotzdem geht er auf Tour und sucht nach Jungen.

Die nächsten drei Taten folgen in wesentlich kürzeren Abständen. Immer kommt ihm dabei scheinbar der Zufall „zuhilfe“. Es ergeben sich Situationen, in denen er nicht mehr widerstehen kann.

Erst der fünfte Junge beschert den Dingen eine Wendung. Während Jürgen ihn gefesselt in seiner Höhle zurücklässt, um pünktlich zum Abendessen zuhause zu sein, kann sich das Kind befreien und die Polizei verständigen. In der Höhle werden Leichenteile der vier anderen Opfer gefunden.

Im Dezember 1967 wird Jürgen Bartsch zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Laut Gutachten sind seine Aussichten auf Besserung gleich null. Journalisten und Psychologen beginnen sich daraufhin dafür einzusetzen, dass Jürgen, der laut seinen Gutachten als psychisch krank eingestuft ist, entsprechend untergebracht und aus dem Regelstrafvollzug entfernt wird.

Aus München wird Staranwalt Rolf Bossi für die Revision des Falles engagiert. Es formieren sich Forderungen nach einer angemesseneren Behandlung. Erstmals zieht man Gutachter hinzu, die auf Sexualstraftaten spezialisiert sind.

Die Ansätze dieser neuen Garde von Experten beruhen auf der Annahme, dass ein Lebewesen durch das geformt wird, was es im Laufe seines Lebens erfährt und erlebt. Erstmals zu jener Zeit spielt die Sozialisation gegenüber Begriffen der traditionellen Psychiatrie wie Anlage und Vererbung eine federführende Rolle. Der Fall Bartsch wird spätestens in diesem Augenblick zum Jahrhundertprozess.

Zu guter Letzt werden die Taten als ein Abbild dessen gesehen, was zuvor in seiner Entwicklung stattgefunden hat. Die Revision entscheidet für 10 Jahre Jugendstrafe im psychiatrischen Maßregelvollzug und anschließender Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt.

Weil er weiterhin Mordfantasien hat, beantragt Jürgen Bartsch 1974 seine „Ungefährlichmachnung“ im Sinne einer Kastration. Bei seiner Operation 1976 erleidet er durch eine Überdosierung des Narkotikums einen tödlichen Kreislaufzusammenbruch.

Dem verantwortlichen Pfleger ist Ähnliches schon einmal geschehen. Er wird zu einer Bewährungsstrafe wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Ob die Umstände des Todes von Jürgen Bartsch gänzlich als Unfall gelten können, wird nie abschließend geklärt.

Leo Tolstoi sagte einmal: „Tout comprendre, c’est tout pardonner“. Goethe erklärte: „Ich habe nie von einem Verbrechen gehört, das ich nicht selbst hätte begehen können.“

In welcher Weise dieser Fall meine weitere Recherche geprägt, und schließlich zur Arbeit an KINDER DES BÖSEN geführt hat, werde ich Euch im dritten und letzten Teil von WO BEGINNT DAS BÖSE? verraten.

Bis dahin alles Gute!

Euer

Jan

Thank you!


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Tuesday 04.08.25
Posted by Jan Hellstern
 

WHERE DOES THE EVIL BEGIN?

It was in one of my first successful years as a director that I - a new father - sat in front of the television with my freshly born baby and watched a report on one of the most horrific child murder trials in European criminal history.

Belgian Marc Dutroux sexually abused 11 children and adolescents aged 8 to 19 and murdered one of his accomplices and two young women aged 17 and 19 whom he had abducted. Two kidnapped eight-year-old girls starved to death hidden behind a wall in a celar shack while he was in prison.

Watching this news, I looked at my little boy and couldn’t help but think that this incredibly cruel and inhuman man had once been just as small and innocent. The question of where evil begins has occupied me for a very long time since that moment and ultimately led to my first novel KINDER DES BÖSEN / CHILDREN OF THE WICKED, which published in 2012 and was nominated four times for the best German debut of the year.

I have since written numerous screenplays as well as two more novels and two children’s books, which I would now like to gradually self-publish in English. Furthermore, I teach storytelling and character development in several film workshops and mentoring programmes.

The internet has become more relevant than any other book market. And I find it deeply exciting to leave my niche in the bookstore and mingle with you, wherever you may be in the world. That’s why I am very thrilled to bring my work to the attention of an English-speaking readership.

Starting with a relaunch of the German version in June 2025, I intend to publish CHILDREN OF THE WICKED in English as soon as possible this year. Until then, I’d like to use this BLOG to share insights into my stories with you, publish first advance chapters and talk about forensic issues and the daily life of a writer. You can also subscribe to this newsletter on my SUBSTACK.

In my next letter, I’ll share some facts about the probably most heartbreaking of all criminal cases in German post-war history, involving a man who was nearly a child himself at the time of his murders. Through conversations with his persecutor, a German chief inspector, I was able to gain deep insights into the psyche of a young human being who has hardly had a good day in his life.

Sincerely

Jan

Thank you!
tags: #truecrime
Sunday 03.30.25
Posted by Jan Hellstern
 
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